In diesem Jahr ging es den Sommer getreu dem Motto: Immer der Sonne nach - auf Tour. Normalerweise ist unser Zuhause Ausgangspunkt von Mehr-Tages-Touren.
In diesem Jahr haben wir eine ungeplante Zehntagestour gewagt. Da Schatzi eine ausgeprägte Regenallergie hat, sind Wochen vorher gebuchte Reisen keine Option. Man muss ja dann auch im Regen dort hin fahren ...
Der Wettergott hat entschieden
Das Wetter war also in diesem Jahr der Bestimmer, wo es hin geht. Ein kleines Abenteuer: Sich treiben lassen, nicht wissend, wo man landet und wie die Straßenverhältnisse sind. Nun gut, letzteres haben wir auf geteerte Straßen beschränkt, da artgemäß unsere Eisenböcke wenig Off-Road tauglich sind.
Der Wettergott hat uns am Wochenende vor der Abreise die Richtung gen Osten vorgegeben: Dort war das beste Wetter zu erwarten. Nachdem der Juni so exorbitant genial war, begann der Juli etwas unterkühlt. Am Samstag saßen wir also vor dem Rechner und schauten uns nach Unterkünften im Bayerischen Wald um.
Dazu muss man sagen, dass wir absolut keine Camper sind. Mir sind jugendherbergsmäßige Massentoiletten und Bad/Dusche im Urlaub ein Graus. Es darf schon komfortabler sein, so dass wir nach einer Tour mal kurz verschnaufen können.
Der dicke Katalog von Bikerbetten half uns bei der Suche. Gefunden haben wir den Landgasthof Neuhof etwas außerhalb von Zenting. Wir lieben ja so abgeschiedene Landgasthöfe.
Auf in den Bayerischen Wald
Bei knapp 15° C sattelten wir die Hühner. Jetzt durfte meine neue SW-Motech Hecktasche zeigen, was sie wirklich kann. Gepackt war schnell und so starteten wir am Montag nach Zenting. Etwas über 300 Kilometer standen an.
In diesem Jahr hatten wir uns noch ein paar andere Gadgets zugelegt, um etwas "flüssiger" unterwegs zu sein: Ein SENA 20S evo Double Pack, für meine Kiste eine SP-Connect Handyhalterung, an meiner war letztes Jahr schon eine USB-Steckdose verbaut worden und noch ein allwettertaugliches Handy: HUAWEI P20 Pro.
Roadmaps sind schön, aber ganz ehrlich: eine Tante im Ohr, die dir sagt, wo man abbiegen soll und das ganze noch vor Augen zu haben, ist noch schöner.
Google Maps sagte eine Fahrtzeit von rund 4:20 Stunden voraus. Also reichte es, dass wir erst gegen 10:30 auf den Starter der Mädels drückten und unsere Nachbarn noch mit einem freundlichen Auspuffknattern für die nächsten Tage verabschiedeten. Sie werden es wohl nicht so sehr vermissen.
Auf ging's über Donauwörth - Neuburg/Donau - südlich an Ingolstadt vorbei. In überschwänglichem Optimismus der zu erwartenden Temperaturen hatte ich meinen Schal zuhause gelassen. Blöde. Ich bin doch ziemlich empfindlich, was Zug an Hals und Nacken angeht. Nur mit Schlauchschal war ich bei den Temperaturen etwas "verfroren". Also in Schierling angehalten und in einem Satelliteneinkaufszentrum einen Blümchenschal gekauft ...
Weiter vorbei an Straubing - Tankpause in Straßkirchen - Deggendorf - Hengersberg und dann schön kurvig nach Zenting. Das Hotel liegt 4 Kilometer außerhalb und den Abzweig zum Hotel gleich verpasst ...
Das Hotel liegt am Ende einer Stichstraße. Die Mädels vor das Hotel gesteuert, abgestellt und erst einmal die Beine gelockert. Auch mit vorverlegten Fußrasten ist's irgendwann gut mit Fahren. Durch den einladenden Biergarten ging's zur Anmeldung.
Kaum auf die Klingel gehauen, begrüßte uns die Wirtin in breitestem Niederbayerisch. Zum Glück sind wir ja Weltenbummler und jegliche Art von Dialekten in allen Sprachen nicht fremd ;-)
Unser Zimmer ist einfach, hübsch, sauber und relativ groß. Dafür das Bad recht klein. Macht nix, wir wollen ja auch keine Partys im Bad feiern. Hier werden wir zwei Nächte verbringen.
Nachdem wir die Mädels abgesattelt und unter den Kastanienbaum geparkt haben, ist es Zeit, sich zu entspannen und vor allem für eine liebgewonnene Tradition: Hallo Biergarten, Hallo Happy-Landing-Bier!
Die Wirtin bringt uns unser wohlverdientes Happy-Landing-Bier, wir sitzen da, genießen die Sonne und den Blick auf das Reh-Gehege gegenüber. Nichts trübt die Stille, noch ein Bierchen und die Entspannung breitet sich wohlig warm im gesamten Körper aus.
Irgendwann reißt uns ein dumpfes Gebrummel aus unserer meditativen Bierlethargie, als zwei Moppeds in den Vorhof des Hotels tropften und sich neben unsere Kisten gesellten. Eine Marauder und ein Tourenmotorrad mit zwei Herrn.
Später brummelte eine weitere Gruppe ein, darunter sogar eine Scout. Und zu unserem Erstauen: Schwaben aus der gleichen Gegend wie wir. Allerdings waren die mit dem Hänger hier her gekommen. Angeblich ihrem Alter geschuldet ;-)
Die Schwaben-Truppe ist ein ziemlich lustiger Haufen, genauso die zwei Herrn, ebenfalls aus unserer Gegend. Da fährt man aus dem Ländle in den Bayerischen Wald und was ist? Schon wieder Schwaben!
Wir hatten Halbpension und ab 18 Uhr gab es handwerklich super hergestelltes und vor allem: frisches Essen. Kein Chi-Chi oder sonst ein Kram, sondern ehrliche Gerichte. Wir hatten noch ein Abschluss-Bier, bevor es im Freien zu kühl wurde und wir uns ins Zimmer zur Tourenplanung für den nächsten Tag zurückzogen.
Bayerischer Wald und Böhmischer Wald
Unsere Tour sollte durch den nördlichen Böhmerwald und den Bayerischen Wald führen, vorbei am Großen Arber.Leider waren die Temperaturen nicht wirklich freundlich. Besonders im Böhmerwald kam ein fieser Ostwind, der uns selbst bei den geringen Geschwindigkeiten frösteln lies.
Doch durch diesen Teil muss man unbedingt cruisen! Lange Strecken durch dunklen Nadelwald, ohne Häuser und Menschen, nur ein paar Touristen-Orte. Bei den Durchfahrten muss man allerdings aufpassen: Hier wuseln Menschen mit Stöcken, Rucksäcken, Kindern, Kinderwagen und Tieren unbedarft über die enge Fahrbahn. Hat man diese unfallfrei passiert, kann man sich wieder im meditativen Motorradfahren verlieren. So lang, bis einem das Geklapper der Zähne vor Kälte jäh aus der Meditation reißt.
Wir haben das Ende des Böhmerwalds erreicht, und biegen wieder ab Richtung Westen, Bayerisch Eisenstein. Nach ein paar hübschen Kehren geht es in Brennes links ab: Der Große Arber taucht vor einem auf, mit den zwei Radomen auf dem Gipfel.
Wieder abwärts und vor einem 90-Grad-Knick erspähen wir den Großen Arbersee. Auch hier herrscht am Gasthaus recht viel Verkehr jeglicher Spezies: Zweibeiner, Vierbeiner, Zweiräder und Dosen.
Den letzten Abend genießen
So waren wir recht früh am Nachmittag wieder im Hotel. Langsam schoben sich die Wolken weiter und die Sonne lächelte erwärmend vom Himmel. Logisch, dass unser Happy-Landing-Bier auf der Terrasse nicht fehlen durfte.
Kaum hatten wir das auf dem Tisch stehen, kamen die zwei Herrn auch angefahren. Sie hatten das gleiche Problem: Kühle Temperaturen ... Die zwei waren schon seit acht Wochen auf Motorrad-Tour durch den Süden. Chapeau!
Während die andere Schwaben-Truppe eintrudelte, checkten wir das Wetter und die Richtung, in der es am nächsten Tag weitergehen sollte. Schnell wurde klar, dass wir in den Süden weiterziehen wollen. Kärnten war gesetzt. Also nur noch ein Hotel buchen. Wenn man nirgendwo hin "muss", findet sich über Booking.com schnell eine Bleibe. Am Millstätter See fand sich eine Unterkunft.
Leider wurde es im Laufe des Abends immer kühler und wir nahmen alle in der Waldler Stube platz. Die Stube ist frisch und rustikal renoviert mit ein paar modernen Akzenten. Hätte ich nicht in dieser Einöde erwartet.
Die Schwaben war eine Rentner-Truppe, die sich den gesamten Abend ständig auf den Arm nahm. Ebenso die zwei alleinreisenden Herren. So entwickelte sich schnell eine spaßige Konversation durch die gesamte Stube. Wir hatten einen herrlich lustigen Abend mit guter Verpflegung und Tränen in den Augen vor Lachen.
Die Reise geht weiter
Das Frühstücksbuffet im Landhotel Neuhof ist umfangreich und es findet sich für jeden Geschmack etwas. So packten wir nach einem ausgiebigen Morgen-Mahl unsere Mädels und beglichen unsere Rechnung, doch nicht ohne dass uns die "Rentner-Gang" lautstark eine gute und unfallfreie Weiterreise wünschte.
So blubberten wir um 9:30 Uhr Richtung Süden - 360 spannende Kilometer lagen vor uns ...