Sommerurlaube, die dem Ende zugehen, sind einfach nix ... also nix für meine Geldbörse. Klar, Urlaub ist ja auch fast rum und das Geld in Benzin, Übernachtung und Bier investiert.
Trotzdem war's diesmal fast wie vor drei Jahren, als ich Chilaili in einem Sommerurlaub gekauft hatte ... Aber nur fast ...
An einem lauschigen, heißen Sommerabend im Juli saßen Schatzi und ich im Ostallgäu, genauer gesagt in Waal, im Gasthaus "Zur Post" im Biergarten. Wir ließen es uns richtig gutgehen, denn es war der letzte Abend unserer zehntägigen Tour Immer der Sonne nach - ohne Ziel, nur dem guten Wetter hinterher (das ist aber eine andere Geschichte, die ich noch erzählen werde).
Der Gasthof Zur Post liegt an einer normalerweise ruhigen Kreuzung in der Ortsmitte. Waal ist jetzt auch nicht so riesig... Doch an diesem Abend ging es hoch her: Bulldog nach Bulldog rumpelte an der Straße entlang und wir machten uns einen Spaß daraus, die Hersteller dieser Landmaschinen zu zählen. Es waren insgesamt sechs verschiedene Traktorbauer inklusive eines alten Eichers.
Zwischendurch machte ich ein paar Fotos, spickelte in Facebook herum und wir tranken genüsslich unser Bier. Das mit Facebook gucken war dann doch keine gute Idee ;-) Denn da sah ich sie/es/ihn: Eine umgebaute XJR 1300 im BratStyle von Marc Wilde (Die Garage 666) zum Verkauf eingestellt.
Schlagverliebt
Diese Bilder gingen mir nicht mehr aus dem Kopf. Schatzi musste ich gestehen, dass ich mich grad ganz arg verliebt hätte. Dann schob ich ihm mein Handy mit dem Facebookpost von Marc über den Tisch.
Ihm gefiel sie auch, aber das war ja nicht wichtig ... Mehrmaliges Hin- und Herschreiben, während Schatzi noch mal zwei Halbe orderte, ein Video vom laufenden Motorrad auf meinen Facebook-Account gepostet: Da war ich soooo neugierig. Nachdem ich Marcs Preisvorstellungen mit meinem Sparkonto abgeglichen hatte, war klar: Wir gehören zusammen - also die Yamaha und ich.
Warten, warten, warten ...
Natürlich wäre ich am liebsten gleich am nächsten Tag in Richtung Calw gedüst, um mir das gute Stück anzuschauen. Wie der Teufel es so will, Marc hat natürlich immer viel zu tun und wir mussten erst einmal vom Urlaub wieder heim.
Es gingen noch ein paar Tage im Schwarzwald und eine Mädelstour im Allgäu ins Land, bis Schatzi und ich uns eeeeeendlich an unserem letzten Urlaubstag auf den Weg in den nördlichen Schwarzwald machen konnten.
Die Garage 666 ist so, wie ich mir eine Schrauber-Bude (das meine ich jetzt nicht respektlos) vorstelle: In einem alten, leicht heruntergekommenen Industriegebäude aus der Wirtschaftswunder-Zeit, versteckt und vernachlässigt.
Das Wichtige sind die überall gelagerten Motorräder, die sich in allen möglichen Stadien der Transformation befinden. Nackt bis auf den Rahmen, Einzelteile und Eingeweide oder bis zum Zustand der annähernden Fertigstellung: Nur ein Quentchen Genialität des Meisters lässt daraus ein Garage 666 Bike werden.
Für mich haben solche Schrauber etwas frankensteinisches, denn sie erwecken aus Teilen und mechanischen Eingeweiden, die eigentlich nicht zusammengehören, etwas zum Leben.
Wir gehören zusammen
Marc rollte mir das Prachtstück aus dem Dunkel seiner Werkstatt ins gleißende Sonnenlicht und warf die Kiste gleich an. Was für ein genialier Sound! Die Laser-Auspuff-Anlage ist schon sehr fein. Da gibt's was auf die Ohren: Doch immer so, dass es angenehm klingt.
Ehrfurchtsvoll umrunde ich die vibrierende XJR. Genau so habe ich mir mein "Zweitbike" vorgestellt. Ich traue mich kaum, sie anzufassen oder mich gar drauf zu setzen. Der wuchtige, quer eingebaute Vierzylinder lässt mich leicht erschauern. So was war ich nicht gewohnt. Chilailis V2 wirkt für mich dagegen jetzt eher "zierlich".
Angucken ist ja nett, aber nicht zielführend. Schließlich musste ich ja mal Probesitzen. Das ist ja so ein Frauen-Ding (häufig), dass man mit den Füßen ordentlichen Bodenkontakt hat. Ich fühle mich da einfach besser, wenn zumindest der Fußballen auf beiden Seiten ordentlich aufsetzt. Aber das ist bei der XJR überhaupt kein Thema. Allerdings ist sie etwas schwer aufzustellen.
Leider war die Kiste nicht angemeldet und so konnte ich nur eine kleine Runde mit Bauchkribbeln über den angrenzenden Speditionsparkplatz machen. Was für eine ungewohnte Sitzposition! Bis ich meine Füße an der richtigen Stelle auf die Fußrasten bekommen habe, suchten die Beinenden etwas orientierungslos nach der Auflagefläche. Als eingefleischte Choppertreiberin hebt man ohne nachzudenken die Füße nach vorne.
Auch wenn alles so ungewohnt war, konnte ich mich dem Charme dieses Klotzes einfach nicht entziehen. Nachdem Engelchen und Teufelchen auf meiner Schulter heftigst diskutierten und ich dem Vernunftengel letztendlich eins auf die Klappe haute, war der Deal gemacht.
So what? Man lebt nur einmal! Ich wollte einfach noch etwas anderes als einen Chopper.
Marc machte mir noch ein paar kleine Änderungen, wie Spiegel nach oben, noch mal frisches Öl und Stahlflex-Leitungen, so dass noch einmal eine Woche verging bis ich sie holen konnte.
Irgendwie fehlt mir noch die zündende Idee, wie ich das Kerlchen nennen könnte, denn ein Mädel ist das nicht ;-)
Jetzt kuschelt er mit zwei Choppern in der langsam überfüllten Doppelgarage.